Flucht über die Ostsee 1944/45 im Bild
OverzichtDie Flucht über die Ostsee ist eines der tragischsten Kapitel des letzten Krieges. Sie begann Mitte 1944, erlebte im Winter 1944/45 ihren ersten dramatischen Höhepunkt und fand Mitte Mai 1945 ihr Ende. Was sich in den dazwischenliegenden 11 Monaten in den Ostseehäfen und auf den Schiffen abspielte, ist in der Geschichte ohne Beispiel. Vor den sowjetischen Truppen strömten Hunderttausende in die Häfen: nach Memel, Pillau. Danzig, Gotenhafen, Swinemünde, Kolberg, Stolpmünde und Saßnitz. Die Flüchtenden waren Mütter und Kinder. Greise und alte Frauen aus dem Memelland, aus Ostpreußen, Westpreußen. Danzig und Pommern. Sie alle mußten in den Häfen und auf den Schiffen Hunger, Not, Kälte, Entbehrungen auf sich nehmen, sie trennten sich von ihrem letzten Gepäck, ihrer letzten Habe, um nur das nackte Leben zu retten.
Bevor sie die Häfen erreichten, lag oft eine tage- oder gar wochenlange Flucht hinter ihnen, eine Flucht über die Kurische oder Frische Nehrung, über die zugefrorenen Haffs, täglich bedroht von sowjetischen Jagdflugzeugen und Bombern. Auf den Schiffen fühlten sie sich sicher, atmeten auf, glaubten sich schon gerettet.
'Menschenleben retten' hieß die Aufgabe der Marine in den Häfen und auf den Schiffen. Die Kommandostellen sahen sich Mitte Januar 1945 plötzlich vor die Aufgabe gestellt. Hunderttausende über die Ostsee zu retten. Und sie stellten sich dieser Aufgabe, Jeder auf seinem Posten. Schier Unmögliches wurde ihnen an Einsatz-, Hilfs-und Opferbereitschaft abverlangt, oft unter Einsatz des eigenen Lebens. Alle halfen. Pioniere brachten mit ihren Landungs- und Sturmbooten, Prähmen und Fähren Zehntausende über das Haff, auf die Nehrung, in die Häfen, auf Schiffe, Retter überall. Bis zur Stunde der Kapitulation, der endgültigen Waffenruhe am 9. Mai 1945 um 0.00 Uhr, befanden sich die Häfen Libau und Windau noch in deutscher Hand - war dieses Tor zur Freiheit, der Weg über die Ostsee, noch frei. Das galt auch für die Halbinsel Hela.
Als die letzten Flüchtlingsschiffe- und schiffchen, Kähne und Prähme, die Häfen in Schleswig-Holstein erreicht hatten, wurde Bilanz gezogen. Das große Rettungswerk war zu Ende. 1081 Handels- und Kriegsschiffe, vom Fischkutter bis zum Ozeanriesen, vom Marinefährprahm bis zum Schweren Kreuzer, retteten 2,5 Millionen Menschen über die Ostsee, etwa 25 000 Menschen fanden bei Schiffsuntergängen in der Ostsee den Tod. Die Rettungsaktion Ostsee 1944/45 zeigte sich nach ihrem Abschluß als größtes Rettungswerk der Seegeschichte.